Der uneinsichtige Dieb

Der uneinsichtige Dieb
© Aramesh

Es war im späten Mittelalter,
da stahl ein Dieb dem Schlossverwalter
viel Gold und wurde flugs gefangen.
Der Richter sprach: „Nun musst du hangen!“

Der Dieb voll Angst zum Galgen taumelt,
dort wird am Seil er aufgebaumelt.
Er keucht: „Es quält’s“ und ist vergangen
und wurd am Höllentor empfangen.

Da sprach der Teufel von der Schicht:
„Du tatest Übles, böser Wicht,
Du hast gestohlen, schlecht gerochen
und hast Dich pausenlos versprochen.

„Wieso versprochen?“, fragt der Strolch,
und schaut dabei auf seinen Dolch.
„Dieser Empfang lässt mich verdutzen,
ich tat mein Mundwerk stets gut putzen.

Und niemals nicht hab ich gelogen,
das ist hier aus der Hand gesogen.“
„Nein“, ruft der Teufel, „dummer Wicht,
ich meine doch die Lüge nicht!

Schon wieder drehst die Worte du
ganz schief und falsch im Munde zu!
Waren nicht deine letzten Worte:
„Es quält’s, an jenem Galgenorte?“

„Ja“, ruft der Dieb und ringt die Hände,
„findet mein Quält’s denn gar kein Ende?
Es quält’s mich weiter, hier zu sein,
gibt’s gar kein Ende meiner Pein?“

Der Teufel fängt jetzt an zu rauchen:
„Du nervst, ich kann Dich hier nicht brauchen!
Dein Sprachschatz quält mich ohne Ende
Drum pack Dich fort, mach eine Wende!“

Der Teufel schließt das Höllentor
der arme Tropf verharrt davor.
Er ruft: „Es quält’s, wo soll ich hin?
Ist das für mich ein Neubeginn!

Er hebt die Arme hoch empor
und schreit: „Es quält’s!“ zum Himmelstor.
Doch dort hat Petrus sich getarnt,
verschließt die Tür, er ist gewarnt.

Was quälte es, wirst du nun fragen,
doch auch der Dieb kann’s nicht mehr sagen.

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