Das letzte Blatt
© Aramesh
Vorüber ist der Sommertraum,
das letzte Blatt löst sich vom Baum.
Der Regenwind zog es herab
zum Boden in sein feuchtes Grab.
Ach, seufzt das Blatt in seiner Not,
so schnell ereilte mich der Tod.
Wo ist der Frühling, sanft und klar,
als ich noch eine Knospe war?
Ich spürte Hoffnung in mir regen
und strebte froh dem Licht entgegen.
Wie unbeschreiblich war die Wonne,
als du mich wärmtest, Mutter Sonne.
Wo eilte nur der Sommer hin,
als ich noch grün gewesen bin?
Da streichelte mich manches Mal
durch das Geäst ein Sonnenstrahl.
Die Vögel sangen in den Zweigen,
es tanzten Mücken um mich Reigen,
ein Schmetterling war oft mein Gast
und hielt auf meinem Rücken Rast.
Ach, ich vermiss die kleine Made,
die an mir knabberte – wie schade,
ein Sperling hat sie sich gegriffen
und fröhlich dann ein Lied gepfiffen.
Bald endete die Blütenpracht,
ich wurde alt und fror bei Nacht
und trocknete. Trotz allem Leid
schenkt mir der Herbst ein gelbes Kleid.
Die Farbe ist hernach verblasst,
ich sink hinab von meinem Ast,
lieg in der Pfütze braun und taub,
vertrocknet, bin nur welkes Laub.
Du wunderschöner alter Baum,
nun bist du kahl, träumst deinen Traum,
bis dich der nächste Frühling küsst -
ob du im Winter mich vermisst?