HOFFNUNG: In Teheran solidarisieren sich Intellektuelle mit inhaftierter Bahá’í-Führung

HOFFNUNG:
In Teheran solidarisieren sich Intellektuelle mit inhaftierter Bahá’í-Führung

In einer beispiellosen Demonstration von Solidarität versammelten sich in dieser Woche in Teheran einflussreiche iranische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, um des sechsten Jahrestages der Inhaftierung der sieben Mitglieder der iranischen Bahá’í-Führung zu gedenken. Meldungen über das Treffen breiten sich schnell im Internet und den sozialen Netzwerken aus.
 


Im Mittelpunkt der Meldungen aus Teheran steht ein Foto der Beteiligten, die sich um ein vergrößertes Portrait der sieben inhaftierten Bahá’í gruppieren. Sie wurden 2010 nach zweijähriger Untersuchungshaft jeweils zu einer zwanzigjährigen Haftstrafe verurteilt. Es handelt sich dabei um die längste Haftstrafe für Gefangene aus Gewissensgründen im Iran. In diesem Monat ist der sechste Jahrestag ihrer Inhaftierung, woran sich Isolationshaft, menschenunwürdige Behandlung und Unterbringung sowie ein unfaires Gerichtsverfahren anschlossen.

Das Teheraner Treffen von Menschenrechtsverteidigerinnen und Aktivisten, Geistlichen und Journalisten macht die wachsende Bewegung von Iranern innerhalb und außerhalb des Landes deutlich, die für ein „Iran für alle“ eintreten. Die Verfolgung der Bahá’í, die - obgleich die größte religiöse Minderheit des Landes - seit jeher von Regierung und Geistlichkeit zu Parias der iranischen Gesellschaft stilisiert werden, wird entsprechend abgelehnt und der staatlichen Propaganda nicht (mehr) gefolgt.

Andererseits hatte die iranische Regierung in jüngster Zeit selbst öffentlich die Menschenrechte für alle Iraner bemüht, wie erst im März der Leiter der Menschenrechtsabteilung der iranischen Justiz, Mohammad Javad Larijani, im staatlichen iranischen Fernsehprogramm. Die Menschenrechte seien ein entscheidendes Thema von universaler Wichtigkeit, sagte Larijani in einer Diskussionssendung am 17. März. In der Islamischen Republik sei die Grundlage für die Behandlung der Bahá'í ihre Bürgerrechte. Und: Die Regierung sei verpflichtet, die Sicherheit der Bahá’í zu gewährleisten.

„Wir begrüßen Ihren Standpunkt und erklären hiermit, dass die iranischen Bahá’í ebenso erwarten, dass ihre Bürgerrechte anerkannt und respektiert werden“, schrieben daraufhin die sieben inhaftierten Mitglieder der Bahá’í-Führung aus ihren Gefängnissen dem Regierungsmitglied in einem öffentlichen Brief. Indes verwahrten sie sich gegen die Darstellung, Bahá’í seien allein deswegen inhaftiert, weil sie gegen iranisches Recht verstoßen hätten. Vielmehr fügten sie zahlreiche Beispiele an, die eine staatliche Verfolgung aus religiösem Hass belegen, so das 1991er Memorandum der Regierung zur Frage der Behandlung von Bahá'í im In- und Ausland. Auch hatte sich der schiitische Geistliche und Kalligraf Ayatollah Abdol-Hamid Masoumi-Tehrani öffentlich mit den Bahá’í solidarisiert genauso wie zahlreiche weitere iranische Intellektuelle und Person aus dem öffentlichen Leben.

In diese Bewegung hinein fand nun das Treffen in Teheran statt, worüber etwa die iranischsprachige Nachrichtenseite SahamNews detailliert berichtet.

„Bis zum letzten Jahr wäre ein solches Treffen nicht möglich gewesen. Wir hätten noch nicht einmal über den Schmerz, den wir teilen, sprechen können”, meinte die bekannte Menschenrechtsanwältin und Rechtsanwältin Nasrin Sotoudeh, die kürzlich erst selbst aus dem Evin-Gefängnis entlassen wurde. Frau Sotoudeh war mit einigen Bahá‘í-Frauen, darunter Mahvash Sabet und Fariba Kamalabadi, zwei der sieben Mitglieder der Gruppe von Bahá’í-Führern, eingekerkert worden. „Mahvash und Fariba haben sich mit außergewöhnlichem Durchhaltevermögen nicht unterkriegen lassen und halten sich mit erstaunlicher Tapferkeit“, fügte sie hinzu. „Wir sind hier zusammen, weil die Bahá’í-Gemeinde unterdrückt wurde und unsere Mütter und Väter dem keine Aufmerksamkeit geschenkt haben.“

Nargess Mohammadi, eine prominente Frauenrechtsaktivistin, sagte bei dem Treffen: „Uns sind die Bahá‘í wegen ihrer Würde und ihres aufrichtigen Charakters bekannt. Ich hoffe, dass unsere Gesellschaft eines Tages den Punkt erreicht, an dem auch Bahá’í arbeiten und studieren dürfen“, sagte Mohammadi, die auch stellvertretende Vorsitzende des Zentrums zur Verteidigung der Menschenrechte ist. Das Zentrum wurde von der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegründet und verteidigte die Rechte der sieben Bahá’í vor Gericht soweit es ihnen möglich war.

Zu den weiteren bei dem Treffen anwesenden Aktivisten und Persönlichkeiten aus der iranischen Zivilgesellschaft zählen Muhammad Maleki, der erste Rektor der Teheraner Universität nach der Islamischen Revolution, Masumeh Dehghan, Aktivistin und Ehefrau von Abdolfatah Soltani, der sich als Rechtsanwalt und Mitglied des Menschenrechtszentrums persönlich für die sieben Bahá’í einsetzte und derzeit selbst in Haft sitzt, sowie Jila Baniyaghoob und Issa Saharkhiz, zwei bekannte Journalisten, die selbst ebenfalls Haftstrafen verbüßten.

SahamNews zitierte Muhammad Maleki wie folgt: „Ich weiß sehr wohl, dass es den Bahá’í verboten ist, zur Universität zu gehen.“ Und weiter: „Alle Religionen müssen respektiert werden. Lasst uns den Glauben des anderen in Ehre halten und Trennendes zur Seite schieben. Wir müssen uns für gemeinsame Werte wie Freiheit einsetzen.“ Der ebenfalls anwesende Ayatollah Abdol-Hamid Masoumi-Tehrani sagte laut SahamNews: „Unsere Einstellungen müssen sich ändern. Und ich glaube, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür.“

Muhammad Nourizad, ehemaliger Journalist der halbstaatlichen Zeitung Kayhan, der erst vor kurzem noch selbst im Gefängnis war, nahm ebenfalls an dem Treffen teil. Er wurde wie folgt zitiert: „Bevor ich im Gefängnis war, war ich voller Vorurteile. Aber nach meiner Entlassung wurde die schwere Last des Vorurteils von mir genommen und meine Perspektive hat sich geändert.“

Quelle: Bahá’í Deutschland
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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