Gespräch mit MdB Rainer Keller, Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe

Gesprächstermin mit  
MdB Rainer Johannes Keller 
(Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

 

im Bundestag Berlin, Paul-Loebe-Haus, Konrad-Adenauer-Allee 1 

am 20. Juni 2022 / 17.00


Hady Talakoub 

Barbara Naziri 

(beide IMUDI – Initiative Menschenrechte und Demokratie Iran)

 

 

Unsere Themen

  •  Welche Kapazitäten bestehen für die Menschenrechte?

Menschenrechte brauchen eine Lobby, denn sie sind die Basis für unser aller Freiheit und ein würdiges Leben. Doch leider werden sie nach wie vor stiefmütterlich behandelt und kommen in Verhandlungen kaum zur Sprache. Wie stellt sich Deutschland zu den  Menschenrechten im Nahen und Mittleren Osten, speziell Iran? Unser Anliegen ist es an die Politik, den Menschenrechten mehr Prioritäten zuzuweisen und sie bei Verhandlungen stets im Fokus zu behalten. Handel durch Vertrauen allein genügt uns nicht. Welche Kapazitäten stehen weiter zur Verfügung? 

  • Kontaktaufnahme zu Oppositionellen

Die Bundesrepublik Deutschland, bzw. Bundestag, hat bisher wenig Interesse gezeigt an den demokratischen Bewegungen im Iran und mit den im Ausland lebenden oppositionellen Iranern Kontakt aufzunehmen. Im Gegenteil hat sich Deutschland mehr an die Machthaber gehalten und deren Interessen mitvertreten. Aus unserer Sicht reichen Treffen mit NGOs nicht aus. Das heißt, es sollten Kontakte zu oppositionellen Gruppen und Frauenrechtler*innen sowie Persönlichkeiten, die in der politischen Szene bekannt sind, auch wenn sie keiner Partei angehören, in Iran wie auch im Ausland aufgenommen werden Wann gedenkt die Bundesrepublik das zu verändern und sich auch diesen Oppositionellen zuzuwenden? Wenn das Interesse ernsthaft ist, können wir Vorschläge unterbreiten. Wir verfügen über Kontakte zu demokratischen Kräften im Ausland und Inland. 

Aus professioneller Sicht wird die Islamische Republik entweder durch oppositionelle Kräfte entmachtet oder das System bricht in sich selbst durch Missmanagement und Korruption. Danach wäre der beste Zeitpunkt, dass Deutschland in Zukunft investiert. Darum ist es wichtig, rechtzeitig die richtigen Kontakte zu den demokratischen Kräften aufzunehmen.

  • Geiselnahme von Doppelstaatsbürgern

Die Islamische Republik nutzt die Geiselnahme von iranischen Doppelstaatsbürgern aus demokratisch regierten Ländern der westlichen Welt als Druckmittel, niemals aber aus Ländern wie China, Russland oder anderen diktatorisch regierten Ländern. Nur zwei Beispiele hierzu sind der deutsch-iranische Journalist Djamshid Sharmahd, der im Juli 2020 aus einem Hotel in Dubai nach Iran entführt wurde, und die Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi, die im Oktober 2020 bei einem Verwandtenbesuch in Teheran festgenommen wurde. Beiden wurde u.a. vorgeworfen, die innere Sicherheit Irans zu gefährden. Diese Vorwürfe sind völlig aus der Luft gegriffen und sorgen für Unsicherheiten und Ängste unter den iranischen Doppelstaatsbürgern, weil diese Geiseln stets als Druckmittel bei jeder Verhandlung missbraucht werden. Um der eigenen Sicherheit willen und der unserer Angehörigen ist uns allen die Beantwortung der Frage wichtig: Wie kann man künftig solchen Machenschaften vorbeugen? Aus diesem Grunde sollte Deutschland zumindest Iran als Gefahrengebiet den eigenen Bürgern gegenüber bezeichnen und versuchen, die eigenen Doppelstaatsbürger ohne Erpressungsversuche der Geiselnehmer die Betroffenen zu befreien.

  • Verbindungen zwischen den Gewerkschaften

In Iran finden zurzeit viele Streiks statt. Eine Streikwelle für ökonomische Verbesserungen kann aber nur der erste Schritt sein. Wichtig wäre, eine Verfassungsänderung herbei zu führen, was in Anwesenheit der Islamischen Republik unmöglich ist. Das wäre eine Aufgabe für die iranische Opposition. Die iranische Arbeiterbewegung muss einen politischen Kampf führen, will sie ihre Situation grundlegend verbessern, was nur funktioniert, wenn der Rückhalt zwischen innen- und ausländischen Gewerkschaften besteht. Das beginnt mit Grundrechten wie dem Streik- und Versammlungsrecht, oder der Gleichberechtigung für Frauen und nationale sowie religiöse Minderheiten. Hier gilt es zu klären und Möglichkeiten zu erörtern, wie eine aktivere Rolle in Zusammenarbeit von deutschen und iranischen Gewerkschaften zu übernehmen sind. Momentan sind die laufenden Lehrerstreiks im Iran kaum eine Pressemeldung wert und würden durch eine Unterstützung deutscher Lehrergewerkschaften und sogar einen Mittelsmann weitaus mehr Gehör finden. Um Proteste der Lehrer*innen zu erschweren hatte die Regierung vor dem 1. Mai insgesamt 38 Lehrer*innen in Haft genommen, um geplante landesweite Proteste am nationalen Lehrertag am 2. Mai zu verhindern. Doch der Widerstand war nicht aufzuhalten: Am 6. Mai begannen Straßendemonstrationen in der Provinz Khuzestan bei denen es auch zu Plünderungen kam. Diese richteten sich zuerst gegen die steigenden Lebenshaltungskosten weiteten sich jedoch rasch zu Demonstrationen gegen die Mullahs aus. 

Es ist daher dringendst notwendig, dass die iranischen Gewerkschaften durch die Unterstützung deutscher Gewerkschaften ein Gehör finden.

  • Rechte von Minderheiten

Die Rechte der Minderheiten, speziell der Bahai im Iran. Sie gelten als unrein, dürfen bestimmte Berufe nicht ausüben. Der iranische Staat beschlagnahmt ihr Eigentum. Auch in Deutschland gibt es Bahais. Besteht die Möglichkeit, von hier aus auf das systematische Ausrotten durch Vertreibung und Enteignung der Bahai Einfluss zu nehmen?

Zum anderen werden Konvertiten, die vom Islam zum Christentum oder anderen Religionen übertreten (z.B. Zoroastrismus, Judentum, Bahaitum) oder als Atheismus austreten wollen oder schon übergetreten sind, verfolgt und mit der Todesstrafe bedroht. Das sorgt wiederum für Fluchtgründe friedliebender Menschen aus dem Iran. Davon abgesehen fliehen die meisten Menschen vor dem militanten Islam aus Iran. 

Ethnien werden ebenfalls diskriminiert und mit den übrigen Bürgern nicht gleichgesetzt.

  • Annäherung geistlicher Führer Irans Khameini zu Putin

Schon mit Gründung der Islamischen Republik hat Iran der westlichen Welt den Krieg erklärt, um demokratische und freiheitliche Bestrebungen zu bekämpfen. Aktuell betont Khameini immer wieder, dass sich Iran als Partner von Putin sieht. Diese Mischung beider Regime könnte nicht nur im Falle Irans, sondern auch in der ganzen Welt gefährlich werden. Dies würde nicht nur Israel und die Ukraine gefährden, sondern die Weltbürger an sich, zumal der geistliche Führer kein Abkommen zum Atomdeal unterschreiben will.



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Wir bedauern den plötzlichen Tod von Herrn MdB Rainer Keller am 22. September 2022. 

Von uns ging ein engagierter Politiker und Menschenrechtsvertreter.

        


                                                           


               


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