Norus - das Frühlingsfest

Norus – das iranische Frühlingsfest 

Montag, 20. März 2023 um 22:24 (MEZ) - 
Der Frühling läutet das iranische Sonnenjahr 2782 (nach Zarathustra) ein

Norus ist das farben­prächtigste und wichtigste der iranischen Feste. Es ist das Frühlingsfest, das mit Eintritt des Frühlings, also um den 20. März (oder 21.03.) gefeiert wird. In vielen Ländern der Region wird Norus feierlich begangen, wie in Aserbaidschan, Afghanistan, Tadschikistan, Pakistan, Irak, den kurdischen Gebieten, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisien, Indien und in der Türkei, ja, sogar unter den iranisch-stämmigen Juden in Israel. Es ist eben das einzige Fest, das von allen Volksgruppen gefeiert wird und vielleicht deshalb, weil es einer vorislamischen Tradition entstammt, nicht einer einzelnen Religionsgruppe vorbehalten ist.
 Über den Ursprung des Norus gibt es unterschiedliche Sichtweisen: Altpersische Legenden erzählen davon, dass Gott den Menschen am ersten Tag des Frühlings erschuf. Am häufigsten wird Norus’ Entstehung mit dem mythischen iranischen König Djamschid in Verbindung gebracht, wobei das Fest an die Himmelfahrt von Djamschid erinnern soll, für die er einen ’fliegenden Wagen’ von den Dämonen hatte bauen lassen; Dämonen, die er zuvor bezwang und in den Dienst der Sterblichen stellte.

Der persische Dichter Ferdowsi (um 940-1020/1026) hat in seinem Shahname (Königsbuch) eine der bekanntesten Versionen des Neujahrsfestes festgehalten. Ferdowsi legt den Geburt des Neujahrsfestes Norus in die Regierungszeit von Djamshid. Djamshid war der vierte König aus dem Geschlecht der Kayaniden. Er gebot über alle Bestien, Dämonen und Engel. Er war zugleich König und oberster Priester des Ormozd (mittelpersisch Ahura Mazda). Ferdowsi schreibt hierzu:

„Da saß, wie die glänzende Sonn' auf der Luft,
der Schah, der kein Gebot widerruft.
Juwelen ihm streuend standen sie,
den Tag Neujahrtag nannten sie.
Jahranfang, Hormus des Farwadin
war's, als die Freude der Welt erschien.
...
Aus jenen Tagen solch froher Tag
 blieb uns von jenem Fürsten nach.“

 

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Ursprünglich scheint Norus jedoch aus der Hirten- oder bäuerlichen Kultur zu entspringen, die den Übergang vom Winter zum Sommer verehrte: Fruchtbarkeits- und Erneuerungsriten können ohne Zweifel in manchen Bräuchen erkannt werden.

Die Zeitrechnung

Norus wird nach dem iranischen Sonnenjahr begangen, das sich vom 21. März bis zum 20. März des darauf folgenden Jahres der christlichen Zeitrechnung erstreckt. Da die islamisch-iranische Zeitrechnung mit der Übersiedlung Mohammads nach Medina (622 n. Chr.) beginnt, zeigt der iranische Sonnenkalender eine Differenz von 621 oder 622 Jahren zum christlichen Kalender. Da das Norusfest jedoch kein islamisches Fest ist und schon lange vor der Islamisierung gefeiert wurde, beträgt der Zeitunterschied zwischen dem Mondjahr und dem Sonnenjahr 59 Jahre (d.h. 2016 war das Sonnenjahr 2775)
Das islamische Mondjahr währt hingegen nur 354 Tage, ist also um 11 Tage kürzer als das Sonnenjahr. Die zwölf islamischen Monate wandern somit durch den Jahreskreis. Da jeder islamische Monat mit dem ersten Sichtbarwerden des Neumonds am Abendhimmel beginnt, kann es zu regionalen Terminverschiebungen kommen. Im antiken Persien war der Mondkalender noch ohne regelmäßige Schaltjahre, sodass sich das Norus-Fest im Laufe der Jahre immer mehr vom eigentlichen Frühlingsbeginn entfernte. Man fügte dann etwa alle 120 Jahre einen dreizehnten Monat hinzu, um den entstandenen Zeitversatz wieder auszugleichen.
Im Jahr 467 nach iranischer Zeitrechnung (1006 n. Chr.), bzw. um dieses Jahr herum, wurde eine Kalenderreform durchgeführt, woran der berühmte iranische Dichter und Wissenschaftler Omar Chayyam maßgeblich beteiligt war. Mit dieser Reform wurde Norus auf den ersten Frühlingstag gelegt und Schaltjahre (etwa alle vier Jahre) eingefügt, um den Norus an den Frühlingsbeginn zu koppeln.
Seitdem ist der genaue Zeitpunkt des Jahreswechsels im Iran (der astronomische Frühlingsbeginn oder ’Tahwil-e Sal’) entweder am Nachmittag des letzten Tages des alten Jahres oder am Vormittag des ersten Tages des neuen Jahres (beide Teheraner Zeit)
 So sind im Iran drei unterschiedliche Kalender in Gebrauch: Im Alltag wird überwiegend der iranische Sonnenkalender verwendet. Die islamischen Feste richten sich nach dem Mondzyklus (islamischen Mondkalender). Im Geschäftsverkehr mit dem westlichen Ausland gilt der gregorianische (christliche) Kalender.

Seit dem 10. Mai 2010 ist Norus auf Beschluss der 64. Generalversammlung der Vereinten Nationen als internationaler Norus-Tag anerkannt. Die Generalversammlung stellte in ihrer Erklärung fest, dass „Norus ein Frühlingsfest ist, das von mehr als 300 Mio. Menschen seit mehr als 3000 Jahren auf der Balkanhalbinsel, in der Schwarzmeerregion, im Kaukasus, in Zentralasien und im Nahen Osten gefeiert wird“. Am 30. September 2009 hatte die UNESCO den Norus-Tag in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen.

 

 

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