Die Frau im roten Kleid

In Teheran irrte viele Jahre eine  Frau durch die Stadt, der ich hier eine Ballade widme:

 

Die Frau im roten Kleid

© Aramesh

 

Auf Teherans Straßen

im blutroten Kleid,

sah man sie wandeln

von Zeit zu Zeit.

 

Die Arme entblößt,

nicht bedeckt das Haupt

einerlei scheint es ihr,

ob das erlaubt.

 

Durch wallendes Haar

der Sommerwind streicht,

als sie den Prinzen

der Zeit erreicht.

 

Den Blick sehnsuchtsvoll

auf die Uhr gerichtet,

mit der Zeit, die verrinnt

wird die Hoffnung vernichtet.

 

Wo bleibt er, der Liebste,

der einst zu ihr sprach?

Nun gleicht sie der Rose,

die im Sturm zerbrach.

 

Noch hört sie ihn flüstern:

„Trage das Kleid,

das Rote! Ich warte beim

Prinzen der Zeit.

 

Meine Liebe zu dir

wird niemals brechen,

solange ich lebe. Das ist

ein Versprechen!“

 

Frauen gehen vorüber

in schwarzen Tschadoren,

betrachten sie traurig,

die ewig verloren.

 

Ihr Geist liegt im Nebel

das Haar wurde grau,

selbst die harten Milizen

verschonen die Frau.

 

Und lassen sie ziehen,

die nunmehr verwirrt

Tag für Tag durch

Teherans Straßen irrt.

 

Ihr Liebster wird nimmermehr

zu ihr kommen,

sein Leben ward ihm

gewaltsam genommen.

 

Man hat ihn erschossen

und heimlich verscharrt,

sie hat’s nie verwunden.

Die Wahrheit zu hart.

 

Ein neuer Tag graute,

als man sie fand.

Sie lag friedlich lächelnd

am Straßenrand.

 

Mit dem Liebsten ist

sie wieder vereint.

Man hat sie begraben

und um sie geweint.

 

Die Sonne scheint auf die

trockene Erde,

es heißt, dass am Grabe

nichts wachsen werde.

 

Da öffnet sich zaghaft

der Erdenschoß,

hervor lugt ein Blümchen,

kleinfingergroß.


Die blutrote Blume

unverzagt steht,

zum Zeichen, dass Liebe

niemals vergeht.

 

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